Zum E-Paper
Symposium 21.05.2025, 00:00 Uhr

FREI OTTO 100 – THE SPIRIT OF LIGHTWEIGHT CONSTRUCTION

Am 05. und 06. Juni 2025 veranstaltet das ILEK (Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren) in Kooperation mit dem Institut für Architekturgeschichte (ifag) der Universität Stuttgart unter dem Titel „Frei Otto 100 | The Spirit of Lightweight Construction“ ein zweitägiges Symposium, bei dem renommierte Forschende sowie Konstrukteure aus vielen Ländern über das Erbe Frei Ottos sowie das Potenzial des Leichtbaus für künftige Generationen sprechen.

Das ILEK: ein Institutsgebäude, das fasziniert. Entworfen von Frei Otto als Prototyp für den deutschen Pavillon auf der EXPO ’67 in Montreal. Foto: ILEK

Das ILEK: ein Institutsgebäude, das fasziniert. Entworfen von Frei Otto als Prototyp für den deutschen Pavillon auf der EXPO ’67 in Montreal.

Foto: ILEK

Am 31. Mai dieses Jahres hätte Frei Otto, der Vordenker des Leichtbaus, seinen 100. Geburtstag gefeiert. 10 Jahre nach seinem Tod und der Verleihung des renommierten Pritzker-Preises, der wichtigsten internationalen Auszeichnung im Bereich der Architektur, ist Frei Ottos intellektuelles Erbe bedeutsamer denn je.

Frei Otto – Begründer der Stuttgarter Leichtbauschule

Wirkungsstätte von Frei Otto war über viele Jahre das Institut für Leichte Flächentragwerke (IL), welches er 1964 auf Initiative von Fritz Leonhardt an der Universität Stuttgart gründete. Obwohl er nie ein obligatorisches Lehrdeputat innehatte, versammelten sich unter dem von ihm und seinen Mitarbeitenden als Vorstudie für den Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung von 1967 in Montreal entworfenen Zeltdach Gäste aus der ganzen Welt. Viele der internationalen Studierenden, Gastdozenten und Forschenden haben die innovativen Ansätze, die damals am IL entwickelt wurden, später in Projekten umgesetzt. Die Ideen und Ansätze der Stuttgarter Leichtbauschule wurden somit in alle Welt getragen und an die nächste Generation weitergegeben.

Ein Zelt voller Überraschungen

Das IL ist seit seiner Gründung ein lebendiger Forschungsstandort der Universität Stuttgart, auch wenn es sich in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt hat: 2001 wurde es anlässlich der von Werner Sobek initiierten Verschmelzung mit dem Institut für Konstruktion und Entwurf II von Jörg Schlaich in ILEK (Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren) umbenannt. Seinem Gründungsgedanken ist das Institut immer treu geblieben, nämlich das Potenzial des Leichtbaus weiter zu erforschen. Auch heute werden dort die Grenzen und Möglichkeiten des ressourceneffizienten Bauens auf immer neue Weise ausgelotet und in eine material- und disziplinenübergreifende Synthese zwischen Gestalten, Konstruieren und analytischem Denken eingebettet. Das historische Institutsgebäude, das sogenannte Zelt, fasziniert Besuchende, Studierende und Forschende nach wie vor – nicht nur wegen der zahlreichen Modelle und der historischen Ausstattung aus den Anfangsjahren, sondern auch durch die Omnipräsenz vieler experimenteller Objekte aus den letzten Jahrzehnten, die vom interdisziplinären Forschen und Lehren an der Universität Stuttgart zeugen.

Fritz Leonhardt, Frei Otto, Jörg Schlaich und Werner Sobek sind weltbekannte Persönlichkeiten, welche die tragenden Säulen der sogenannten „dritten Stuttgarter Schule“ bildeten. Über einen Zeitraum von mehr als sechzig Jahren sicherten sie die Bedeutung des Leichtbaus in Stuttgart und trieben die Innovation im Bauwesen konsequent voran. Diese einzigartige Tradition ebenso wie die Zukunft des Leichtbaus werden nun zwei Tage lang im „Zelt“ des ILEK beleuchtet.

Frei Otto und seine Faszination für Modelle

Am ersten Tag werden die neuesten Forschungen aus den Bereichen Architekturtheorie, Umweltgeschichte, Bautechnik- und Wissenschaftsgeschichte zu Frei Ottos Umweltverständnis, seiner Lehre und seinem innovativen Einsatz von Modellen im Entwurfsprozess einen inhaltlichen Schwerpunkt setzen. Zeitzeugen ergänzen dies durch Berichte über ihre Erlebnisse mit Frei Otto. Beeindruckend ist hierbei nicht zuletzt die Vielfalt an Ansätzen, die aus dieser Erfahrung entstanden ist. In diesem Rahmen wird auch das von Joaquin Medina-Warmburg und Anna-Maria Meister (saai, Archiv für Architektur und Ingenieurbau) herausgegebene Buch „Frei Otto (1925–2015) – Bauen mit der Natur“ vorgestellt.

Frei Otto Seminar im Freien, 1968.

Foto: ILEK

Keimzelle interdisziplinärer Zusammenarbeit

Der Fokus des zweiten Tages liegt bei der Frage, wie eine neue Generation von Forschenden die Themen des Leichtbaus interpretiert und ihre eigenen Inhalte in den Diskurs über die Transformation des Bauwesens hin zu mehr Nachhaltigkeit einbringt. Dies wird besonders deutlich in Stuttgart, wo die beiden von Frei Otto initiierten Sonderforschungsbereiche SFB 64 und SFB 230 als Keimzelle der interdisziplinären Zusammenarbeit in der gebauten Umwelt fungierten und die Grundlagen für zwei aktuelle große Forschungsverbünde legten: das von Achim Menges und Jan Knippers geleitete Exzellenzcluster IntCDC „Integrative Computational Design in Construction“ und der von Oliver Sawodny und Lucio Blandini geleitete SFB 1244 „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“.

Ausblick

Das Symposium ist Teil und Höhepunkt einer siebentägigen bundesweiten Veranstaltungsreihe, die am 31. Mai 2025, dem Geburtstag von Frei Otto, in Warmbronn und Chemnitz beginnt. Anschließend wird die Reihe mit Veranstaltungen bei den Olympiabauten in München und der Multihalle in Mannheim fortgesetzt. Im Anschluss an das Symposium in Stuttgart werden die wichtigsten Ergebnisse und Beiträge in einem gesonderten Aufsatz in der Zeitschrift Bauingenieur zusammengefasst und kritisch diskutiert werden.

Von Lucio Blandini (ILEK, Universität Stuttgart), Christiane Weber (ifag, Universität Stuttgart)

Empfehlungen der Redaktion:

  1. Die Baukunst ist unteilbar
  2. Zeltdach wird ausgezeichnet
  3. Eine Reise zur Bauingenieurskunst der Moderne
  4. Baukultur durch Sanieren und Weiterbauen erhalten – Die Alsterschwimmhalle in Hamburg
  5. Weltweit erstes adaptives Hochhaus eröffnet
  6. Die baulich anspruchsvolle Fassade des Hamburger Montblanc-Hauses
  7. Nichts mehr verpassen: Hier geht‘s zur Anmeldung für den Bauingenieur-Newsletter…
OSZAR »
OSZAR »