Marode Brücken in den USA: Startup will Lebensdauer verdreifachen
Neues Verfahren schützt Stahlbewehrung vor Rost: Startup will Lebensdauer von Brücken in den USA verdreifachen.

Korrosion verhindern: Mit einem neuen Verfahren soll die Lebensdauer von Brückenfahrbahnen in den USA verdreifacht werden.
Foto: Allium Engineering
Marode Brücken sind kein typisch deutsches Problem, in den Vereinigten Staaten sieht es ähnlich düster aus. In den USA ist jede dritte Brücke reparaturbedürftig oder muss ersetzt werden. Ein junges Unternehmen aus Massachusetts hat eine Lösung: Allium Engineering versieht herkömmliche Stahlbewehrungen mit einer rostfreien Edelstahlhülse. Das Verfahren lässt sich in bestehende Stahlprozesse integrieren und soll die Lebensdauer von Brücken wesentlich verlängern.
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Mehr als 200.000 Brücken betroffen
Die Infrastruktur der USA kommt in die Jahre. Laut der American Road and Transportation Builders Association benötigt jede dritte Brücke im Land eine Reparatur oder muss sogar komplett ersetzt werden. Mehr als 200.000 Bauwerke sind betroffen. Ein zentrales Problem: Korrosion. Rostender Bewehrungsstahl sprengt den umgebenden Beton und macht Brücken langfristig instabil.
Hier setzt das Startup Allium Engineering an. Gegründet wurde das Unternehmen von zwei ehemaligen MIT-Doktoranden: Steven Jepeal und Sam McAlpine. Ihr Ziel: die Lebensdauer von Bauwerken mindestens zu verdreifachen. Statt durchschnittlich 30 Jahre sollen Brücken mit ihrer Technologie 100 Jahre und länger halten.
Korrosionsschutz durch Edelstahlhüllle
Das Verfahren ist einfach, aber wirkungsvoll: Die Bewehrungsstäbe aus Kohlenstoffstahl erhalten eine dünne Ummantelung aus Edelstahl. Diese verhindert, dass Feuchtigkeit und Sauerstoff an den Stahl gelangen. Dadurch kann keine Korrosion entstehen – der Hauptgrund für die vorzeitige Alterung vieler Bauwerke.
Steven Jepeal erklärt: „In den USA hält eine typische Brückenfahrbahn durchschnittlich etwa 30 Jahre – wir ermöglichen eine Lebensdauer von 100 Jahren.“ Die Technologie sei auf Langlebigkeit und Skalierbarkeit ausgelegt.
Bereits rund 45 Tonnen des neu entwickelten Bewehrungsstahls wurden in Pilotprojekten verbaut. Dabei zeigte sich: Die neue Ummantelung ist robust, wirtschaftlich und einfach in bestehende Prozesse integrierbar.
Stahl wie gewohnt verarbeiten
Ein Vorteil des Verfahrens: Der mit Edelstahl umhüllte Bewehrungsstahl sieht aus wie herkömmlicher Stahl. Er lässt sich auf die gleiche Weise schneiden, biegen und verbauen. Für Bauunternehmen bedeutet das: keine neuen Maschinen, keine Schulungen, keine Umstellung.
Der Clou liegt in der Produktion. Allium bringt die Edelstahlschicht noch vor dem Walzprozess auf. „Wir nehmen Stahlbrocken aus recyceltem Schrott – etwa aus alten Autos oder Kühlschränken – und beschichten ihre Oberfläche mit Edelstahl“, erklärt Jepeal. Anschließend wird das Material wie üblich gewalzt. Aus einem etwa 12 Meter langen Stahlrohling entsteht so rund 1,6 Kilometer Bewehrungsstahl.
Bewährung in ersten Bauprojekten
Die erste Produktionsanlage in Billerica, Massachusetts, fertigt jährlich rund 1.000 Tonnen dieses neuen Stahls. Verwendet wurde er bereits in Bauprojekten in Kalifornien und Florida. Perspektivisch will Allium weitere Werke in der Nähe bestehender Stahlwerke errichten. Ziel ist die nahtlose Integration in die Lieferkette.
„Wir integrieren unser System in die Stahlwerke, sodass diese nichts anders machen müssen“, sagt Jepeal. Der Edelstahl wird als zusätzliche Schicht eingebracht. Der Rest des Produktionsablaufs bleibt unverändert. Das senkt Kosten und ermöglicht eine schnelle Skalierung.
Erfahrungen aus der Forschung
Beide Gründer bringen wissenschaftliches Know-how aus dem MIT mit. Jepeal promovierte im Bereich Nukleartechnik, McAlpine im Fach Materialwissenschaften. Die Idee für Allium entstand aus einem Projekt mit dem US-Energieministerium, bei dem es um korrosionsresistente Metalle in extremen Umgebungen ging.
„Unsere gesamte Infrastruktur hat dieses Problem“, sagt Jepeal. „Brücken, Tunnel, Industrieanlagen, Kraftwerke – überall finden wir Stahl, der mit der Zeit rostet.“
CO2 sparen durch weniger Sanierung
Langlebige Infrastruktur bedeutet nicht nur weniger Baustellen. Sie spart auch CO2. Reparaturen, Neubauten und Materialtransporte verursachen enorme Emissionen. Wenn Brücken seltener saniert oder ersetzt werden müssen, sinkt der CO2-Fußabdruck erheblich. Das macht die Technologie von Allium auch für nachhaltiges Bauen interessant.
Langfristig plant das Unternehmen, seine Technik auch auf andere Stahlprodukte anzuwenden. Denkbar sind etwa Rohre, Stahlträger oder Eisenbahnschienen. Aktuell liegt der Fokus jedoch klar auf dem Bewehrungsstahl – dort ist der Bedarf am größten.
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