Durchbruch bei metallorganischen Verbindungen
Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist eine bahnbrechende Entwicklung im Bereich der metallorganischen Gerüstverbindungen (MOFs) gelungen: Sie produzierten eine Dünnschicht, die Strom ähnlich gut leitet wie Metall. Beteiligt waren noch weitere internationale Kolleginnen und Kollegen.

Indem Forschenden die Herstellung elektrisch Leitfähiger MOF-Dünnschichten gelang, eröffnen sich neue Perspektiven in der Elektronik- und Energieforschung.
Foto: KIT / Lena Pilz
Metallorganische Gerüstverbindungen, oft als MOFs abgekürzt, sind für ihre hohe Porosität, also dem Verhältnis von Hohlraum- zu Gesamtvolumen, und die Anpassungsfähigkeit ihrer Strukturen bekannt. Diese Eigenschaften machen sie zu vielversprechenden Kandidaten für zahlreiche Anwendungen, insbesondere in der Elektronik. Bisher war ihr Einsatz jedoch beschränkt. Das lag vor allem daran, dass sie kaum elektrisch leitfähig sind. Einem internationalen Forscherteam unter Leitung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist nun ein entscheidender Durchbruch gelungen: Mithilfe von KI- und robotergestützter Synthese im selbststeuernden Labor wurde eine MOF-Dünnschicht entwickelt, die Strom mit einer Effizienz leitet, wie sie bislang nur von Metallen bekannt war.
Forschende entwickeln Technologie gegen Ewigkeitschemikalien
MOFs bestehen aus metallischen Zentren, die durch organische Moleküle miteinander verbunden sind. Sie finden unter anderem Einsatz in der Katalyse, Stofftrennung und Gasspeicherung. Forschende des Instituts für Funktionelle Grenzflächen (IFG) und des Instituts für Nanotechnologie (INT) am KIT, gemeinsam mit Partnern aus Göttingen, Berlin und São Paulo, haben nun erstmals eine MOF-Dünnschicht hergestellt, die sich elektrisch wie ein Metall verhält. Diese Entwicklung ist ein wichtiger Schritt, da Dünnschichten für viele technische Anwendungen unerlässlich sind und bisherige MOFs dafür aber aufgrund zu geringer Leitfähigkeit wenig geeignet waren.
Metallorganische Verbindungen: Fortschritt durch innovative Synthese
In der Theorie war schon länger klar, dass metallorganische Gerüstverbindungen unter bestimmten Bedingungen metallische Leitfähigkeit erreichen könnten. In der Praxis war dies jedoch bisher nur selten und nie in Form von Dünnschichten gelungen. Diese sind aber besonders wichtig, da sie in zahlreichen elektronischen Bauteilen eingesetzt werden können. „Die Ursache für die geringe elektrische Leitfähigkeit sind Defekte wie etwa Grenzflächen zwischen Kristalldomänen“, erläutert Christof Wöll, Leiter vom IFG des KIT. Aus diesen Fehlern resultiert schließlich die eingeschränkte Leitfähigkeit, da so der Fluss der Elektronen behindert wird. Das neue Herstellungsverfahren reduziert dagegen gezielt die Dichte dieser Defekte und verbessert dadurch die elektrischen Eigenschaften der MOF-Dünnschicht maßgeblich.
Für die Herstellung des Materials konnte das Forscherteam ein selbststeuerndes Labor nutzen. Durch KI- und robotergestützte Syntheseverfahren gelang es dem Team, die Dünnschichten des MOF-Materials Cu3(HHTP)2 zu optimieren. Durch die präzise Kontrolle von Kristallinität und Domänengröße konnten sie bei Raumtemperatur Leitfähigkeiten von über 200 Siemens pro Meter erzielen – ein Wert, der bei tiefen Temperaturen von minus 173,15 Grad Celsius sogar noch übertroffen wurde. Diese Leistungsfähigkeit ist ein deutliches Zeichen für das metallische Verhalten der entwickelten MOF-Dünnschichten und eröffnet neue Möglichkeiten für ihren Einsatz in der Elektronik.
Metallorganische Gerüstverbindungen eröffnen neue Forschungsfelder
Neben der verbesserten Leitfähigkeit bieten die optimierten MOFs auch Zugang zu bislang unerforschten Phänomenen. Theoretische Analysen zeigen, dass das Material Cu3(HHTP)2 sogenannte Dirac-Kegel besitzt. Dabei handelt es sich um elektronische Zustände, wie sie auch bei Graphen vorkommen. „Damit eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, um ungewöhnliche Transportphänomene wie Spin-Flüssigkeiten, in denen auch bei tiefen Temperaturen die Quantenspins ungeordnet bleiben, oder das sogenannte Klein-Tunneln, das heißt die Durchtunnelung von Barrieren durch sehr schnelle Teilchen, experimentell zu untersuchen“, betont Wöll. Solche Eigenschaften könnten die Grundlagenforschung voranbringen und neue Anwendungen im Bereich der Quantenmaterialien ermöglichen.
Die Studie stellt somit nicht nur ein neues Verfahren zur Herstellung leitfähiger MOF-Filme vor, sondern erweitert auch das Anwendungsspektrum metallorganischer Gerüstverbindungen erheblich. Nach Ansicht der Forschenden gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten von MOFs in zukünftigen elektronischen Bauteilen, von Sensoren bis zu maßgeschneiderten Funktionsmaterialien mit einstellbaren elektronischen Eigenschaften.
Metallorganische Verbindungen beispielhaft für die Innovationen am KIT
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) versteht sich als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“. Es hat sich zum Ziel gesetzt, durch interdisziplinäre Forschung bedeutende Beiträge zu globalen Herausforderungen in den Bereichen Energie, Mobilität und Information zu leisten. Mit rund 10.000 Mitarbeitenden und über 22.000 Studierenden bietet das KIT eine breite Basis für Innovation und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.
Ein Beitrag von: