Petahertz-Lichtimpulse machen Chips 1000-fach schneller
Ultraschneller Transistor mit Petahertz-Geschwindigkeit bringt Lichtinformatik näher an die Praxis – ganz ohne Kühlung oder Vakuum.

Kommen jetzt neue, ultraschnelle Computer? Forschende der Universität Alberta entwickeln den weltweit ersten Phototransistor mit Petahertz-Geschwindigkeit unter Umgebungsbedingungen.
Foto: PantherMedia / VadimVasenin
Forschende der Universität von Arizona haben gemeinsam mit internationalen Partnern – darunter der LMU München – einen Transistor entwickelt, der mit Lichtimpulsen im Petahertz-Bereich arbeitet. Das entspricht einer über 1000-fachen Geschwindigkeit heutiger Chips. Grundlage ist modifiziertes Graphen, in dem ein Quanteneffekt, der sogenannte Tunneleffekt, ausgenutzt wird. Der Prototyp funktioniert bei Raumtemperatur und könnte die Entwicklung ultraschneller Computer auf Lichtbasis entscheidend beeinflussen.
Inhaltsverzeichnis
Elektronik am Limit: Warum neue Wege nötig sind
Seit Jahren wächst die Rechenleistung moderner Chips nur noch langsam. Zwar entwickeln sich Software und Anwendungen rasant weiter, doch bei der Hardware stoßen klassische Siliziumtransistoren an physikalische Grenzen.
Die Forschungsgruppe der Universität von Arizona verfolgt daher einen völlig anderen Ansatz: Rechnen mit Licht. Dabei geht es nicht um Glasfaserkommunikation, sondern um die Steuerung von Elektronen durch ultrakurze Lichtimpulse – mit dem Ziel, Datenverarbeitung bei Frequenzen im Petahertz-Bereich zu ermöglichen.
Der Schlüssel: Elektronen im Lichttunnel
Im Zentrum steht ein physikalisches Phänomen, das sogenannte „Tunneln“. Dabei überwinden Elektronen eine Barriere, die sie nach klassischer Physik eigentlich nicht passieren dürften – ein quantenmechanischer Effekt. Genau dieses Verhalten beobachteten die Forschenden, als sie modifiziertes Graphen mit Lichtpulsen bestrahlten, die kürzer als eine Billionstel Sekunde dauern.
Mohammed Hassan, Physiker an der Universität von Arizona, erklärt: „Wenn man ins Labor geht, hat man immer eine Vorstellung davon, was passieren wird – aber das Schöne an der Wissenschaft sind die kleinen Dinge, die passieren und einen dazu bringen, weiter zu forschen.“
Sein Team nutzte einen handelsüblichen Graphen-Fototransistor, ergänzt um eine spezielle Siliziumschicht. Mit einem Laser, der in nur 638 Attosekunden ein- und ausschaltet, schufen sie den Prototyp eines Lichttransistors – laut Hassan der weltweit erste Transistor mit Petahertz-Geschwindigkeit.
Ein Petahertz entspricht einer Billiarde Schwingungen pro Sekunde. Zum Vergleich: Aktuelle Hochleistungsprozessoren arbeiten im Gigahertz-Bereich, also mit Milliarden Schaltungen pro Sekunde. Der neue Transistor liegt damit rund eine Million Mal darüber.
Warum gerade Graphen?
Graphen besteht aus nur einer Atomlage Kohlenstoff und hat besondere elektrische Eigenschaften. Normalerweise heben sich die durch Laser ausgelösten Elektronenströme in Graphen gegenseitig auf. Doch durch gezielte Modifikation der Materialstruktur gelang es dem Team, diese Symmetrie zu brechen. So konnte ein einzelnes Elektron „hindurchtunneln“ – messbar und steuerbar.
Hassan beschreibt diesen Moment so: „Als wir merkten, dass wir diesen Tunneleffekt erreicht hatten, mussten wir mehr herausfinden.“
Ein entscheidendes Merkmal des entwickelten Transistors ist, dass er unter normalen Laborbedingungen arbeitet – also ohne Kühlung oder Vakuumkammer. Das erhöht die Chancen, dass sich die Technologie später in Alltagsgeräten einsetzen lässt.

Mohammed Hassan (rechts), Professor für Physik und Optik, und sein Doktorand Mohamed Sennary mit dem handelsüblichen Transistor, den sie zur Entwicklung eines Transistors mit Petahertz-Geschwindigkeit verwendet haben.
Foto: University of Arizona
Perspektiven für Forschung und Industrie
Das Projekt ist ein Gemeinschaftswerk mehrerer Institutionen. Neben dem Team in Arizona beteiligten sich unter anderem das Jet Propulsion Laboratory am California Institute of Technology und die Ludwig-Maximilians-Universität München. Ziel ist es nun, den Petahertz-Transistor weiterzuentwickeln und marktreif zu machen.
Hassan arbeitet bereits mit Tech Launch Arizona zusammen, einer Einrichtung, die Erfindungen der Universität zur Patentreife führen und mit der Industrie verknüpfen soll.
„Ich hoffe, dass wir mit Partnern aus der Industrie zusammenarbeiten können, um diesen Petahertz-Transistor auf einem Mikrochip zu realisieren.“
Ausblick: Anwendungen weit über die IT hinaus
Ultraschnelle Computer könnten viele Disziplinen verändern – von der Raumfahrt über medizinische Bildgebung bis hin zur KI-Forschung.
„Wir haben einen enormen Fortschritt bei der Entwicklung von Technologien wie künstlicher Intelligenz erlebt, aber die Geschwindigkeit der Hardware-Entwicklung hält nicht Schritt“, so Hassan.
Ein Transistor, der Lichtimpulse in Rechenoperationen umsetzt, wäre ein möglicher Weg, diese Lücke zu schließen.
Ein Beitrag von: