Kupferbarren-Ärger aus der Bronzezeit im Guinness-Buch
Was heute im Guinness-Buch der Rekorde steht, begann in der Bronzezeit als wütende Botschaft auf einer winzigen Tontafel: Vor über 3.700 Jahren beschwerte sich ein Kunde schriftlich über minderwertiges Kupfer – und lieferte damit die älteste bekannte Reklamation der Welt.

Vor über 3.700 Jahren beschwerte sich ein Kunde schriftlich über schlechtes Kupfer – heute ist die Tontafel weltberühmt. (Symbolbild)
Foto: PantherMedia / Fireflyphoto
Bei Ausgrabungen in der antiken Stadt Ur im heutigen Südirak stießen Forscher im 20. Jahrhundert auf eine besondere Tontafel. Sie gehörte zu einer Reihe von Schreiben, die alle an denselben Empfänger gerichtet waren – vermutlich fand man sie in seinem Wohnhaus. Der Inhalt: eine deutliche Beschwerde über ein Geschäft. Der Händler Ea-nāṣir hatte offenbar nicht zum ersten Mal für Ärger gesorgt. Dennoch gilt diese Tafel als die älteste bekannte Kundenreklamation – und zugleich als eine der schärfsten. Auch die WAZ hat kürzlich darüber berichtet.
Der verärgerte Kunde nutzte den Platz auf der kleinen Tontafel vollständig aus: Er schrieb seine Beschwerde auf Vorder- und Rückseite. Die Tafel ist nur 11,6 mal 5 Zentimeter groß. Die Inschrift wurde vom Assyriologen Adolf Leo Oppenheim aus dem Akkadischen ins Englische übersetzt und 1967 in seinem Buch Letters from Mesopotamia (siehe S. 82-83) veröffentlicht.
Worum ging es in der Beschwerde gegen Ea-Nāṣir?
Der Händler Ea-Nāṣir hatte seinem Geschäftspartner Nanni hochwertiges Kupfer zugesagt – geliefert wurden jedoch Barren minderer Qualität.
Was genau an dem Kupfer beanstandet wurde, ist nicht überliefert. Interessant ist: Nanni wirft Ea-Nāṣir keinen Betrugsversuch vor. Stattdessen kritisiert er, dass Ea-Nāṣir die minderwertige Ware bewusst übergeben ließ und dem Boten mitteilte, er könne die Barren so mitnehmen – oder gar nichts.
Die Beschwerde richtet sich also weniger gegen Täuschung, sondern gegen den Umgangston und das Geschäftsgebaren.
Nanni fühlte sich nicht nur durch die Qualität der Ware enttäuscht, sondern auch durch die Art und Weise, wie man ihm begegnete.
Am Ende seiner Nachricht fordert Nanni entschieden sein Geld zurück. Gleichzeitig kündigt er an, künftig jede Lieferung selbst zu überprüfen: „Jetzt bist du an der Reihe, mir den vollen Betrag zurückzugeben.
Kupferprüfung in der Bronzezeit
Das wirft eine spannende Frage auf: Wie haben Händler vor über 3.500 Jahren eigentlich geprüft, ob ein Kupferbarren gut war – und was konnten sie tun, um die Qualität zu verbessern?
Bislang gibt es keine Hinweise auf eine formelle Organisation von Metallurgen im Alten Orient, die – vergleichbar mit heutigen Institutionen für die Festlegung von Qualitätsstandards oder die Entwicklung von Testverfahren zuständig war. Das ist jedoch nicht ungewöhnlich für diese frühe Phase der Menschheitsgeschichte.
Eine der naheliegendsten Methoden zur Qualitätsprüfung war wohl das Aufbrechen einzelner Kupferbarren. Dabei ging es weniger um wissenschaftliche Verfahren als um eine praktische Kontrolle: Ein Blick ins Innere konnte zeigen, ob die Beschaffenheit mit dem äußeren Eindruck übereinstimmte.
Archäologische Funde unterstützen diese Annahme. In Handelssiedlungen wurden mehrfach zerbrochene Barren oder Barrenfragmente entdeckt. Da sie aus eindeutig wirtschaftlichen Kontexten stammen und nicht vom Endverbraucher, liegt nahe, dass das Zerbrechen ein Teil des Prüfprozesses war. Zwar kann es auch andere Gründe für das Zerteilen gegeben haben, doch als Mittel zur Qualitätskontrolle ist es naheliegend und plausibel.
Es gibt noch andere Möglichkeiten, sich vor offenem Betrug zu schützen. Eine Möglichkeit besteht darin, das Metall abzukratzen und die entstehende Farbe zu beobachten.
Zahlreiche Beschwerden im antiken Kupferhandel
In der Antike waren schriftliche Aufzeichnungen sehr wichtig für den Handel und die Wirtschaft. Händler nutzten sie, um Streitigkeiten besser klären zu können. Auch für das Entstehen und Anwenden von Gesetzen waren schriftliche Dokumente von großer Bedeutung.
Nanni war nicht der Einzige, der unzufrieden war. Im Haus von Ea-nāṣir wurden noch mehr Beschwerden gefunden. Zwei Kunden namens Imgur-Sin und Arbituram schrieben ihm mehrere Nachrichten. Darin forderten sie, dass Ea-nāṣir endlich gutes Kupfer an eine dritte Person liefern soll. Das zeigt, dass er wohl schon öfter schlechtes Kupfer verschickt hatte. Ein anderer, unbekannter Kunde verlangte sogar eine Entschädigung, weil er weniger Kupfer bekommen hatte als abgemacht.
Die Beschwerde ist als „ältester Beschwerdebrief der Welt“ im Internet sehr bekannt geworden und wurde inzwischen sogar ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen.
Ein Beitrag von: