Sicherheits-Update 24.06.2025, 08:16 Uhr

KI im Luftverkehr: So wird das Fliegen sicherer

KI erkennt Risiken vor dem Start: Wie künstliche Intelligenz hilft, Flugunfälle zu vermeiden und die Sicherheit zu erhöhen.

Flugzeug und KI

KI in der Luftfahrt: Neue Technologien erkennen Risiken, bevor sie gefährlich werden – und machen das Fliegen sicherer.

Foto: Smarterpix / nmcandre

Künstliche Intelligenz hält zunehmend Einzug in die zivile Luftfahrt – nicht nur für Wartung und Planung, sondern auch für die aktive Unfallvermeidung. Neue Systeme analysieren in Echtzeit Flugdaten, erkennen Stress bei Pilotinnen und Piloten und melden technische Risiken frühzeitig. Der Beitrag zeigt, wie KI dazu beitragen kann, Flugzeugabstürze zu verhindern – und wo ihre Grenzen liegen.

Eine neue Ära der Flugsicherheit

Die Zahl der Flugreisen steigt, die Anforderungen an Sicherheit ebenfalls. In der Luftfahrt steht daher eine technologische Wende bevor: Künstliche Intelligenz (KI) soll dabei helfen, Flugunfälle künftig zu verhindern. Die Frage ist nicht mehr, ob KI zum Einsatz kommt – sondern wo, wie und mit welchem Effekt.

Die Tragödie des Air India-Flugs 171 im Jahr 2025 hat die Diskussion neu entfacht. Über 270 Menschen verloren ihr Leben, als eine Boeing 787 in ein Wohnheim in Ahmedabad stürzte. Ursache war möglicherweise ein technischer Defekt, dessen Anzeichen früher erkennbar gewesen wären – mit den richtigen Systemen an Bord.

Stellenangebote im Bereich Fahrzeugtechnik

Fahrzeugtechnik Jobs
DNV GL SE-Firmenlogo
Lead Auditor Automotive (m/w/d) DNV GL SE
Hamburg, Essen Zum Job 
FRIWO-Firmenlogo
Senior Softwareentwickler Embedded Systems / C/C++ (m/w/d) FRIWO
Ostbevern Zum Job 
Dekra Automobil GmbH-Firmenlogo
Sachverständiger Krane (m/w/d) Dekra Automobil GmbH
Heilbronn, Schwäbisch Hall Zum Job 
Dekra Automobil GmbH-Firmenlogo
Unfallanalytiker Verkehrsunfälle / Kfz Sachverständiger Unfallrekonstruktion (m/w/d) Dekra Automobil GmbH
Dekra Automobil GmbH-Firmenlogo
Prüfingenieur Fahrzeuge / Kfz Sachverständiger (m/w/d) ggf. zur Weiterbildung Dekra Automobil GmbH

Fliegen lernen aus Daten

Bisher stützten sich Sicherheitskonzepte auf Erfahrungswissen, Checklisten und Untersuchungen vergangener Unfälle. KI geht einen Schritt weiter. Sie erkennt Muster im laufenden Betrieb. Das Ziel: präventive Wartung, automatische Risikoanalyse und Echtzeitwarnungen.

Alexis Lope-Bello, CEO der ComTrade Group, erklärt dazu: „Maschinelles Lernen – Anomalieerkennung ist eine ausgereifte und gut verstandene Technologie mit nachweislich positiven Auswirkungen. In der Luftfahrtindustrie kann sie die Sicherheit, Servicequalität und Zuverlässigkeit erheblich verbessern.“

Möglich wird das durch Sensoren an Bord der Flugzeuge, die während des Flugs tausende Datenpunkte erfassen. KI-Systeme analysieren diese Signale in Echtzeit. Bei Abweichungen kann die Crew gewarnt, der Flugplan angepasst oder ein Notstopp in der Wartung ausgelöst werden – bevor ein Bauteil ausfällt.

Wie KI zur Flugsicherheit beiträgt

Erkennung: Muster in Flugverläufen, Triebwerksdaten, Pilotenverhalten
Prävention: Frühwarnung vor kritischen Situationen, vorausschauende Wartung
Entscheidungsunterstützung: Hilft Pilot*innen bei komplexen Lagen
Effizienz: Optimierung von Flugrouten und Verkehrsströmen
Risikomanagement: Echtzeitanalyse von Bedrohungen aus Technik und Umwelt

 

Vom technischen Defekt zur Vorhersage

Predictive Maintenance (vorausschauende Wartung) ist eine der vielversprechendsten Anwendungen. Lufthansa Technik nutzt dafür ein System namens „Condition Analytics“. Es wertet Sensor- und Wartungsdaten aus, um Ausfälle vorherzusagen. So lässt sich vermeiden, dass Maschinen überraschend am Boden bleiben – oder schlimmer noch, in der Luft versagen.

Auch Boeing setzt auf digitale Zwillinge – virtuelle Abbilder realer Flugzeuge, die das Verhalten der Maschinen unter verschiedenen Bedingungen simulieren. So können Fehler erkannt werden, noch bevor sie auftreten.

Ein weiterer Baustein: Deep Learning. Diese lernfähigen Algorithmen analysieren hochkomplexe Daten – etwa über die Reaktionen von Pilotinnen und Piloten bei Seitenwind, die Wirkung von Wetterlagen oder Materialveränderungen durch Vereisung.

Menschliche Schwächen erkennen

Technik ist nicht der einzige Risikofaktor bei Flugunfällen. Auch Übermüdung, Stress oder Unachtsamkeit der Crew können gefährlich werden. Neue Ansätze nutzen EEG-Signale, um Anzeichen von Überlastung oder Schläfrigkeit zu erkennen. Wenn das System Alarm schlägt, kann ein Co-Pilot übernehmen oder ein automatischer Modus aktiviert werden.

Die Studie „Artificial Intelligence in Aviation Safety“ sieht hier großes Potenzial. Zitat:
„Die Anwendung von Techniken der natürlichen Sprachverarbeitung zur Erkennung menschlicher Faktoren bei Flugzeugunfällen ist ein entscheidender Schritt zur Minimierung menschlicher Fehler.“

Einige Systeme gehen sogar noch weiter. Sie analysieren Gespräche im Cockpit oder Bewegungen der Pilot*innen, um gefährliche Muster zu erkennen. Dabei spielt auch die Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) eine Rolle – um z. B. Missverständnisse zwischen Crew und Flugsicherung zu erkennen.

KI als Co-Pilot

Doch KI hilft nicht nur beim Erkennen von Risiken, sondern auch bei der direkten Flugsteuerung. In unübersichtlichen Wetterlagen oder bei plötzlichem Vogelschlag können Assistenzsysteme Entscheidungen vorschlagen oder automatische Korrekturen vornehmen. Dabei lernt das System aus vorherigen Zwischenfällen – ein Vorteil gegenüber starren Programmen der Vergangenheit.

In der Flugverkehrslenkung (Air Traffic Control, ATC) kommt KI bereits zum Einsatz. Reinforcement Learning hilft bei der Optimierung von Flugrouten, um Kollisionen zu vermeiden und den Luftraum effizienter zu nutzen.

Lufttaxis und neue Herausforderungen

Ein weiteres Zukunftsfeld sind autonome Fluggeräte – etwa elektrische Lufttaxis. Hier soll KI nicht nur den Flug stabil halten, sondern auch Start- und Landeplätze (Vertiports) managen, Routen optimieren und Hindernisse erkennen.

„Wir werden in naher Zukunft mehr Vertiports sehen, besonders am Stadtrand. Hier wird das Konzept des autonomen Fliegens getestet, bevor es in die Zentren vordringt“, erklärt Nicolas Zart von Electric Air Mobility.

Grenzen und Vertrauen

Trotz aller Fortschritte bleibt eine zentrale Herausforderung: Vertrauen. Denn je mehr Aufgaben KI übernimmt, desto nachvollziehbarer müssen ihre Entscheidungen sein. Das gilt vor allem in sicherheitskritischen Situationen.

Amad Malik, Chief AI Officer bei Airport AI Exchange, warnt: „Die Vorschriften sind so gestaltet, dass jahrelange Daten erforderlich sind, bevor man etwas in der kommerziellen Luftfahrt einsetzen kann.“

Aktuell laufen viele Projekte im Probebetrieb. Neue Systeme müssen sich über Millionen Flugstunden bewähren – unter Aufsicht von Luftfahrtbehörden, Technikteams und Fluggesellschaften.

Hier geht es zur Studie

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.

OSZAR »